Mission erfüllt: Klaus Töpfer als Vorreiter einer Wissenschaft im Dialog mit Politik und Gesellschaft geehrt
16.11.2015
Große aktuelle Herausforderungen wie der Klimawandel oder der Anstieg der Flüchtlingszahlen könnten nur bewältigt werden, wenn Wissenschaft und Politik in Zukunft noch enger zusammen an effektiven Lösungen arbeiten, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka in ihrer Rede beim Ehrensymposium für Klaus Töpfer. Der Gründungs- und Exekutivdirektor des IASS wurde am 11. November im Rahmen einer feierlichen Abendveranstaltung in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit rund 200 hochrangigen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft sowie jahrelangen Wegbegleitern wie dem Nobelpreisträger Paul Crutzen offiziell verabschiedet. Der 77-jährige ehemalige Bundesumweltminister und frühere Exekutivdirektor des Umweltprogramms der UN (UNEP) hatte die Leitung des von ihm seit 2009 aufgebauten neuartigen Instituts mit transdisziplinärem Ansatz Ende September abgegeben. „Nur dank ihrer Bekanntheit und Kompetenz war es möglich, dass das IASS sich an der Schnittstelle von Politik und Gesellschaft zu einer zentralen Adresse für Nachhaltigkeit entwickelt hat. Es ist Ihnen gelungen, Wissenschaft mit den brennenden politischen Problemen zu verbinden und im großen Konzert der Institute etwas Neues zu etablieren“, erklärte Wanka.
Der brandenburgische Wissenschaftsstaatssekretär Martin Gorholt würdigte Töpfer in seiner Rede als „ständigen Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Politik, der aus beiden Bereichen große Kompetenz mitbringt“ und dem es gelungen sei, zu Schlüsselfragen globaler Entwicklung in Potsdam „ein bis heute einmaliges Institut mit weltweiter Ausstrahlung“ zu etablieren. „Klaus Töpfer hat die Fahne für die Nachhaltigkeit in der nationalen und internationalen Politik hochgehalten wie kein anderer auf der Welt“, sagte Mark Lawrence, geschäftsführender wissenschaftlicher Direktor am IASS.
Altmaier: Politik und Wissenschaft müssen gemeinsame Sprache finden
Kanzleramtsminister Peter Altmaier, aktuell Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung und zuvor Bundesumweltminister, wies mit Blick auf den politischen Alltag darauf hin, wie sehr es darauf ankomme, dass Politik und Wissenschaft eine gemeinsame Sprache fänden, um sich zu verständigen. Wie mehrere prominente internationale Redner aus Wissenschaft und Politik zuvor betonte er den engen Zusammenhang von zerstörter Umwelt, politischen Konflikten und steigender Migration: „Im Mittleren Osten wird gerade das wenige, was an Nachhaltigkeit da war, vollends zerstört. Vielleicht sehen wir gerade nur ein Präludium dessen, was folgen könnte, wenn wir aus dem Bisherigen nicht die richtigen Schlüsse ziehen.“
Die freie Publizistin und Kuratorin Adrienne Goehler betonte, dass gerade die kulturelle Diversität eine wichtige Voraussetzung für Nachhaltigkeit sei und deshalb Kultur als deren vierte Dimension neben Ökologie, Ökonomie und Sozialem verstanden werden müsse. Hieran wolle sie in Zukunft weiter mit Töpfer arbeiten. Der Risikoforscher und Nachhaltigkeitsexperte Ortwin Renn von der Uni Stuttgart, designierter Wissenschaftlicher Direktor des IASS, erklärte auf die Frage nach seinen Plänen für das IASS, er verstehe sich in Fortführung des weltweit anerkannten Schaffens von Klaus Töpfer als Brückenbauer: erstens zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen, zweitens zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik sowie drittens zwischen denen, die Wege zur Nachhaltigkeit erforschen, und denen, dies diese Wege im Alltag umsetzen müssen., „Wir können den Transformationsprozess nur gemeinsam mit den betroffenen Menschen gestalten und deshalb brauchen wir alle drei Brücken.“
Symposium fragt nach Veränderungsprozessen im Anthropozän
Vorausgegangen war der Abendveranstaltung ein ganztägiges Symposium am IASS, bei dem renommierte Teilnehmer aus dem In- und Ausland unter dem Titel „Wissenschaft, Politik und gesellschaftliche Transformation im Anthropozän“ Schlüsselfragen nachhaltiger Entwicklung wie Klimawandel, Energiewende und den Schutz von Ressourcen diskutierten. Welche Formen von Governance sind Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung? Was kann die Rolle der Wissenschaft - und damit des IASS - sein an der Schnittstelle von Politik und Gesellschaft bei der Umsetzung der von der Weltgemeinschaft im September verabschiedeten nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs)? Welche innovativen Antworten wurden bereits entwickelt und welche werden für die kommenden Jahre benötigt? Wie kann das vorhandene Wissen besser umgesetzt werden und wie gewinnen wir neues Wissen?
Adnan Amin, Generaldirektor der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) und seit 20 Jahren Wegbegleiter Töpfers, zeigte am Beispiel der Energiewende, wie radikal eine erfolgreiche Transformation zugleich Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik verändert hat: Das Businessmodell für große Strommonopolisten sei verschwunden, allein in Deutschland seien Tausende von Bürgern nun selbst zu Stromproduzenten geworden und damit die Herausforderung entstanden, diese zu orchestrieren und durch innovative technologische Entwicklungen zu unterstützen. Dies wurde im Verlauf des Symposiums von Carlo Jaeger, Direktor des Global Climate Forums, aufgegriffen, der die Chancen und Impulse von Nachhaltigkeitstransformationen herausstellte.
Schellnhuber fordert zu Solidarität mit künftigen Generationen auf
Klimaexperte Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sowie einer der Gründungsväter des IASS , demonstrierte, dass selbst das politische Zwei-Grad-Ziel, sollte es tatsächlich erreicht werden können, das Gesicht des Planeten verändern würde. Bei vier Grad oder noch mehr seien die Folgen für Mensch und Planet umso gravierender, sogenannte Kipppunkte des Erdsystems würden ausgelöst und der Meeresspiegel könnte um bis zu 15 Meter steigen. Als Gegenmittel empfahl er, in Anlehnung an Rousseau, einen Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert zu entwickeln und umzusetzen: „Wir brauchen Solidarität mit den noch unbekannten zukünftigen Generationen, basierend auf Vernunft.“
Alexander Müller, früherer Senior Fellow und Generalsekretär ad interim am IASS, betonte, die Umsetzung der SDGs in all der Komplexität ihrer 17 Ziele könne nur gelingen, wenn sie wissensbasiert geschehe und alle Stakeholder einbezogen würden. Dafür müssten - wie am IASS vorangetrieben - an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik Wissensplattformen geschaffen und geeignete Prozesse entwickelt werden, die in den kommenden zwei bis drei Jahren an ausgewählten Beispielen belegen, dass der SDG-Prozess tatsächlich transformativ wirken kann. Ashok Khosla, Co-Vorsitzender des International Resource Panels von UNEP und ebenfalls langjähriger Wegbegleiter Töpfers, zeigte auf, dass die Klimaerwärmung nur begrenzt werden könne, wenn es gelinge, den Verbrauch von Ressourcen mit dem Wunsch nach Wohlbefinden aller Menschen zu versöhnen.
Transdisziplinarität sei das geeignete Instrument für die dringend notwendige gesellschaftliche Transformation zu nachhaltiger Entwicklung, unterstrich Klaus Töpfer in seinem Schlusswort mit einem Dank an alle Symposiums-Teilnehmer: „Wir brauchen so ein Institut wie das IASS und wir konnten hier etwas schaffen, das gebraucht wird.“
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