Was motiviert Landwirte zum Naturschutz? IASS-Forscher starten Umfrage
18.11.2015
Ökologie
Es klingt paradox: Während Preise für Agrarprodukte sinken und Anbauflächen knapp werden, steigen die Erwartungen an Landwirte, ökologischer zu produzieren und gleichzeitig unsere Kulturlandschaft zu sichern. Die Politik fördert deshalb Umweltmaßnahmen der Landwirtschaft wie die Anpflanzung von Ackerrandstreifen. Diese sollen ohne Herbizide und Pflanzenschutzmittel bewirtschaftet werden, damit sich Ackerwildkräuter und heimische Tierarten ausbreiten können. Deren Lebensraum ist nämlich zunehmend in Gefahr.
Die meisten Bundesländer bieten Landwirten, die solche Ackerrandstreifen anlegen, als Anreiz Ausgleichszahlungen an. In Brandenburg gibt es jedoch zurzeit kein entsprechendes Programm. Was denken die brandenburgischen Landwirte über Programme zur Anlage von Ackerrandstreifen? Wie sehr fürchten sie Unkraut und Schädlinge, wie wichtig ist ihnen biologische Vielfalt? Was kann die Politik ihrer Ansicht nach verbessern? Das wollen IASS-Forscher herausfinden. Sie haben deshalb einen Fragebogen entwickelt und im November 2015 an 1000 Landwirte in Brandenburg verschickt.
„In der Vorbereitungsphase der Umfrage haben wir bereits mit Brandenburger Landwirten gesprochen. Dabei wurde deutlich, dass sich die Einschätzungen zur Agrarpolitik allgemein und zu Ackerrandstreifen deutlich unterscheiden – wir möchten verstehen, woran das liegt und wie Ackerrandstreifen künftig besser gefördert werden können“, sagt Projektleiter Moritz Remig. Ziel der Umfrage ist ein besserer Überblick, wie viele Landwirte bereits Ackerrandstreifen angelegt haben, wie sie ihre Meinung zu dieser Maßnahme begründen und mit welchen Anreizen – zum Beispiel finanzielle Förderung, kostenlose Beratung, Bereitstellung von Blühmischungen – die Politik sie zur Anpflanzung von Ackerrandstreifen motivieren könnte.
Generell ist in der europäischen Agrarpolitik zurzeit eine Abkehr von Subventionen zu beobachten, die an Produktionsmengen gebunden sind. Stattdessen werden verstärkt Anreizsysteme entwickelt, die zu nachhaltigeren Bewirtschaftungspraktiken führen sollen. Das sogenannte „Greening“ ist Voraussetzung geworden, um Direktzahlungen überhaupt zu erhalten. In den Wirtschaftswissenschaften untersucht das Feld der ökologischen Ökonomik den Zusammenhang von gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Entwicklungen. Erkenntnisse der ökologischen Ökonomik sowie der Verhaltenspsychologie bildeten die Grundlage der Befragung, erläutert Remig: „Solche Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen sind ein momentan beliebtes Politikinstrument bei Praktikern und Wissenschaftlern. Wir erweitern hier die Perspektive, indem wir verhaltenspsychologische Aspekte, insbesondere Ideen von Martin Fishbein und Icek Ajzen, stärker einbeziehen. Einstellungen, Normen und Verhaltenskontrolle sind hier wichtige Elemente.“
Die Umfrage läuft bis 15. Dezember. Nach der Auswertung der Fragebögen werden die Wissenschaftler des IASS mit gesellschaftlichen Vertretern, etwa mit Bauernverbänden und dem brandenburgischen Landwirtschaftsministerium, diskutieren, ob die Anlage von Ackerrandstreifen gefördert werden sollte und welche Anreize für Brandenburg gegebenenfalls eine Option bilden können.